Etwas ironischerweise habe ich ein halbes Jahrzehnt lang Terminplaner gelayoutet und herausgegeben. Ironisch, denn seit 2010 benutze ich zur Organisation meiner eigenen Termine eigentlich nur noch digitale Kalender.
Der AStA-Kalender TU Berlin ist ein klassischer Papier-Kalender mit Wochen-Kalendarium und einigen redaktionellen Anteilen, in denen sich studentische Initiativen vorstellen. Im Kalenderteil beziehen sich Jahrestage und Memes in der Regel auf studentische oder linke Kultur, manchmal auch auf Dinge, die etwas mit Ingenieursleben oder der Technischen Universität Berlin zu tun haben.
Lange erschien der Kalender semesterweise und wurden vor allem auf Einführungsveranstaltungen verteilt. 2013 stellten wir auf jährliches Erscheinen um, jeweils zum akademischen Jahr (also Oktober bis September). In vielen Jahren gab’s ein Motto, zum Beispiel 2014/15: „La lutte elle-même vers les sommets suffit à remplir un cœur d’homme.“ („Der Kampf selbst gegen Gipfel genügt, ein Menschenherz auszufüllen.“) Das ist einerseits ein tolles Zitat aus Camus‘ Mythos des Sisyphos. Andererseits war in dem Jahr auch der 2015er G7-Gipfel in Deutschland.
Der Kalender wurde immer recht besonders produziert mit einem Außenteil in Dreifarb-Druck. In vielen Jahren war eine der Farben eine Schmuckfarbe, z.B. Silber oder Gold, sodass man beim Gestalten sehr gespannt war, wie das gedruckte Ergebnis aussehen würde. Meistens hat’s gut geklappt.

(Randbemerkung zu dem hässlichen Cover oben rechts in dem Bild mit der ungünstigen Kreuzung von Schwarz und blauem Tiefschwarz: Ich bin unschuldig! Ich war da mit einer Prüfungsphase gebunden. Und als ich damit durch war, hatten die anderen schon die Druckdatei eingereicht, noch dazu bei der AStA-FU-Druckerei! In einem anderen Jahr, in dem ich nicht mitwirkte, entschied man sich zu einem extrem unästhetischen rot-braunen Cover. Überraschenderweise wollte das dann niemand als Alltagsgegenstand mit sich führen… Aber mit meinen Jahren war ich zufrieden ;).)
Auch Jahre nach meiner Zeit im AStA-TU-Umfeld verwendet man immer noch einen ursprünglich von mir 2009 erstellten (und über die Jahre verfeinerten) Style. Es ist immer ein Throwback, wenn ich einen der Kalender in die Hand bekomme.
Mich hat das immer etwas fasziniert: Diese Vorstellung, dass da draußen hunderte (oder vielleicht tausende) Leute, einen Alltagsgegenstand benutzen, den ich design habe. Einmal habe ich in der Straßenbahn in Pankow einen Ersti beobachtet, der durch seinen (wohl auf einer Erstiveranstaltung verteilten) Kalender schmökerte. Man sitzt in der vorlesungsfreien Zeit alleine am Rechner und klickt ein Layout zusammen und ein paar Monate später, benutzen echte Menschen, die man nie gesehen hat, das Produkt, oder lassen es nach den Erstiveranstaltungen irgendwo liegen, oder schneiden lustige Bildchen aus dem Kalendarium aus und heften sie mit Magneten an ihre WG-Kühlschränke. (Letztere Nutzung habe ich auch mehrmals real gesehen.) Irgendwie haben so physische Kalender ja doch mehr Charakter als die digitalen, die ich immer nutze.